Liebe Leserinnen und liebe Leser,

Waren Sie schon mal im Lüneburger Stadtarchiv? Viele von Ihnen sicher nicht. Vielleicht gab es bislang keinen Anlass oder Sie haben noch die Vorstellung von alten verstaubten Räumen mit ebenso alten und kurzsichtigen Archivaren, die nicht gerne in ihren Studien gestört werden möchten, wie dieser Bücherwurm auf dem Bild, den Carl Spitzweg uns hinterlassen hat.
Höchste Zeit, sich vom Gegenteil zu überzeugen und das „Gedächtnis unserer Stadt“ einmal kennen zu lernen und zu nutzen. In einem hellen und freundlichen Lesesaal werden Sie an einem Infotisch von einer Mitarbeiterin, einem Mitarbeiter nach Ihren Anliegen gefragt (sehr nett: Lara Wojahn). Alles ganz einfach…

Beispiel: Ich suchte historische Aufnahmen der Straße „Auf der Altstadt“ für unsere Führung. Nach einer kurzen Wartezeit konnte ich an einem PC die gefundenen Fotos anschauen, einige auswählen und auf einem Formular eintragen. Später wurden mir die digitalisierten Aufnahmen an meine Emailadresse übermittelt.

2. Beispiel: Bei einer Führung hat der jetzige Leiter des Stadtarchivs Danny Kolbe gezeigt, was unter meinem Familiennamen hinterlegt war. Da habe ich gestaunt!

Und als 3. Beispiel: Bei der Räumung eines Kellers fand ich kistenweise Dokumente, die ich im Stadtarchiv abgeben konnte. Dort wurden sie gesichtet und archiviert und bewahrt. Ein beruhigendes Gefühl.
Eine gute Gelegenheit, das Stadtarchiv zu besuchen, ist die derzeitige Ausstellung „Zeitenwende 1945 – Aufbruch in ein neues Europa“. Die Ausstellung zeigt Vieles, was in Lüneburg totgeschwiegen wurde. Auch hart und drastisch. Keine heile Welt. Mord und Totschlag in unserer Stadt. Elend. Armut. Enge. Hunger. Trauma. Englische Besatzung.

Interessant fand ich das Papier zu deutschen Kriegsgefangenen und wo sie in Lüneburg untergebracht waren. Sie wurden also in unseren Kirchen, im Badehaus und im Gemeindehaus an den Reeperbahnen festgehalten. Fast 500 Deutsche Kriegsgefangene! Dazu tausende Heimatvertriebene und Menschen, die in Hamburg ausgebomt worden waren.
Die englischen Soldaten besetzten viele Häuser. Alle mussten verpflegt und versorgt werden. Eine Mammutaufgabe für die Stadt und ihre Bewohner. Hier der Link zur Ausstellung:
https://www.lueneburgaktuell.de/artikel/vi-deo80jahrefriedenausstellungimstadtarchivbe-leuchtetdaskriegsendeundeuropaszuk/
Bringen Sie etwas Zeit mit, man verkraftet es nicht so schnell. Die Ausstellung geht noch bis Ende April,
Di. – Do. 9:00 – 16:00 Uhr (Wallstraße 4).

Manchmal ist es leichter, ohne dieses Wissen durch die Stadt zu schlendern und sich an Ihrer Schönheit unbelastet zu erfreuen. Wie alle Touristen es tun. Jetzt strömen sie wieder durch ganz Deutschland. Im Ranking der schönsten Städte Deutschlands fällt auf: Fast alle werben mit einer besonders schönen historischen Innenstadt. Mit alten Kirchen. Mit alten Schlössern. Mit alten Stadtkernen. Auch auf den Hochglanzfotos: Gebäude, die mehrere 100 Jahre alt sind. Auch in Lüneburg. Schönheit wird verbunden mit dem, was früher geschaffen wurde. Nostalgie pur. Mit moderner Architektur ist kaum ein Geschäft zu machen.

Erstaunlich ist, dass dieses hohe Kulturgut historischer Städte davon abhängt, ob die pri-vaten Besitzer und die Investoren es erhalten und pflegen oder nicht. Jeder kann sein Kleinod verfallen lassen, entkernen, unbewohnbar machen. Die Einhaltung der Denkmalschutzauflagen ist kaum überprüfbar. Man begnügt sich mit einer schönen Fassade. Für den Tourismus reicht das. Für uns als ALA reicht es nicht. Wir leiden unter dem Verfall.

Die schöne Fassade der IHK ist nun für lange Zeit eine Bau-stelle. Trotzdem sollten Sie dort einmal vorbeischauen und – auf Zeitreise gehen. Rings um die Baustelle sind historische Aufnahmen auf die Bauzäune gespannt und man kann verschiedene Rätsel lösen. Eine wohltuende Alternative zu greller Werbung und Graffiti. Und ein kleiner Trost für die lange Umbauphase an diesem schönen Ort.

Wenn Sie nun schon mal in der Stadt sind, passen Sie gut auf sich auf! Überall sind Fallen aufgestellt, die Ihre Frühlingsgefühle, Ihre Kauflust und Ihren Appetit wecken wollen. Offensichtlich hat es auch den Koch des „Mälzer“ erwischt: Ist er verliebt, weil er statt der Speisekarte Frühlingsgedichte auf die Stelltafel schreibt? Ja, Lüneburg ist aus dem Winterschlaf erwacht. Erwacht sind offensichtlich auch meine Leserinnen und Leser. Sie alle sind unternehmungslustig und haben sich aus unserem Führungsangebot die Themen „Kirche, Kloster, Kreisverwaltung – auf Spurensuche nach Mönchen, Rittern und Gelehrten“ ausgewählt (06.07.25) und den „Sonntagsspaziergang zur Obstbaumblüte“ am 26.04.25 (Anlage). Außerdem wiederholen wir den ALA-Rundgang „Auf der Altstadt“ mit Zeitzeugen am 25.05.25 (Anlage). Bitte melden Sie sich zu allen Angeboten per Mail an, bevor ich es an die Presse gebe. Die Personenzahl müssen wir bei allen 3 Führungen begrenzen. Alle Angemeldeten informiere ich über den Ablauf.

Ich bin spät dran mit den Stadtgeschichten. Heute ist der 31. und zum Monatsende will ich es immer verschickt haben. Wegen der gestrigen Altstadtführung hat es diesmal etwas länger gedauert. Wir sind trotz des Aprilwetters gestern ziemlich lange unterwegs gewesen und habe viele spannende Geschichten von den Zeitzeugen gehört. Ich suche jemanden, der diese wunderbaren Geschichten aufschreibt, damit sie uns allen erhalten bleiben.

Melden Sie sich gerne bei
Magdalena Deutschmann, ALA-Stadtgeschichten
stadtgeschichten@alaev-lueneburg.de

Herzliche Grüße und eine frohe Osterzeit…

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